Wissenswertes über Trompetenzungen

Früher oder später muss man zu einer Entscheidung darüber gelangen, ob es sich lohnt, empfindliche einjährige Sommerblumen anzupflanzen oder nicht. Sie beanspruchen viel Zeit, und wenn der erste Frost sie vernichtet hat, dann sind sie für immer dahin und unsere Arbeit auch, denn anders als die härteren Einjährigen setzen sie ihre Blüte nicht im nächsten Jahr über ausgesamte Kinder fort. Natürlich kann man den Aufwand dadurch minimieren, dass man den Samen im April oder Anfang Mai im Freien an Ort und Stelle verstreut, anstatt sich an die herkömmlichere Methode zu halten und im Winter oder zu Beginn des Frühjahrs die Samen in Schalen unter Glas auszusäen. Doch man geht damit stets das Risiko ein, dass späte Fröste in einer einzigen Nacht die gesamte Kultur von Jungpflanzen vernichten. Man ist im allgemeinen besser beraten, sich an die bewährte und sichere Methode zu halten, mit dem anschließenden Pikieren und Aussetzen der jungen Pflanzen. In jedem Winter nehme ich mir ernsthaft vor, diesen Aufwand endgültig zum letzten Mal zu betreiben, und in jedem Sommer, wenn ich die Ergebnisse meiner Bemühungen sehe, widerrufe ich meinen Entschluss wieder. Aber immerhin bin ich mittlerweile soweit, mich auf die wenigen empfindlichen Einjährigen zu beschränken, ohne die ich nicht sein kann. Unter ihnen nehmen die Zinnien und die Salpiglossis einen hohen Rang ein.

Die Salpiglossis ist bereits 1820 aus Chile nach England gekommen und gehört zu den Pflanzen, die von der Aufmerksamkeit ungemein profitierten, die die Züchter ihrer Urform schenkten. Bis auf ihren Namen gibt es nichts, was an dieser Blume nicht bezaubernd wäre. Ich wünschte wirklich, sie hätte einen passenden englischen Namen, anstelle dieses verballhornt griechischen (von salpigx, Trompete, und glossa, Zunge), aber falls es eine englische Bezeichnung für sie gibt, so habe ich nie von ihr gehört. Vielleicht wird die permanent falsche Aussprache ihres Namens im nächsten Jahrhundert für eine nicht wiederzuerkennende Variante sorgen, denn es gibt wenige botanische Bezeichnungen, die der Zunge mit ihrer Abfolge von Vokalen und Konsonanten größere Schwierigkeiten bereiten. Es scheint für englische Zungen unmöglich zu sein, nicht irgendwo ein zusätzliches 'p' oder 's' einzufügen: Ich habe sie nicht selten 'Salpiglopsis' oder 'Salpisiglossis' sagen gehört, beides unglücklicherweise noch abscheulicher als das Original. Ich frage mich, wie sie in Chile genannt wird.

Doch, abgesehen von ihrem Namen, ist sie, wie ich schon sagte, ganz bezaubernd. Meiner Ansicht nach übertrifft sie ihre Verwandte, die Petunie, in jeder Hinsicht. Vielfalt und Reichtum der Farben sind erstaunlich. Man kann sie Purpur mit Gold haben, Rubinrot mit Gold oder auch in Weiß mit Gold, wobei sie die sanfte, goldbestickte Reinheit aufweist, die man gemeinhin mit den Gewändern von Heiligen oder Engeln verbindet. Man kann sie auch in Braun mit Gold bekommen, einer bei Blumen sehr seltenen Farbkombination, denn es ist ein echtes Braum: Das Braun des Cordsamts, mit der ganzen Tiefe des samtigen Flors. Aber ihre wahre Schönheit zeigt die Salpiglossis als geschnittene Blüte. Im Garten neigt sie dazu, ein wenig ungepflegt auszusehen, denn wenn sie nicht sorgfältig aufgebunden wird, leiden ihre zarten, brüchigen Stengel schnell unter Wind oder Regenfällen; aber in einer Vase kann ihre Farbe voll zur Geltung kommen. Stellen Sie sie ans Fenster oder auf einen Tisch, wo sie von der Sonne beschienen werden kann, und dann fragen Sie sich, ob sie nicht doch der Mühe wert ist, die Sie auf ihre Pflege verwandt haben.

Versuchen Sie die Salpiglossis aus den gleichen Gründen im Winter als Topfpflanze zu ziehen. Diese Behandlung lässt sie höchst bereitwillig über sich ergehen. Selbstverständlich sollte sie es warm haben: Fünfzehn bis achtzehn Grad dürften eine angemessene Temperatur sein. Sie können sogar vor den ersten Frösten im Herbst ein paar Pflanzen aus dem Garten retten, eintopfen und zusehen, wie sie weiterwachsen, mit zunehmendem Alter sogar noch kräftiger werden. Ich habe das zwar selbst noch nie versucht, sehe aber keinen Grund, weshalb es nicht funktionieren sollte. Es ist mir mit anderen Blumen erfolgreich gelungen, warum also nicht auch mit der Salpiglosssis? Experimente sind immer interessant, aber wenn Sie die Sicherheit vorziehen, dann geben Sie im September ein paar Samen in Töpfe, und ziehen Sie sie bei einer Temperatur, die Gärtner anschaulich als milde Wärme bezeichnen.

Vita Sackville-West, Blumen in meinem Garten

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